Die Vielfalt an Kaffee scheint grenzenlos – besonders in Frankfurt. Einer der wichtigsten Schritte liegt im Rösten. Aber worauf kommt es dabei an? Und welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Produktionskette?
Lisa Veitenhansl /
Wie gutes Brot vom Bäcker, heimischer Wein oder regionales Bier begleitet der Kaffee die Deutschen im Alltag. Laut dem Deutschen Kaffeeverband trinkt jeder Bundesbürger im Durchschnitt 164 Liter im Jahr, Tendenz steigend. Von seinem verstaubten Image, das der Muntermacher im vergangen Jahrhundert hatte, konnte er sich in den 2000er-Jahren lösen. Dann etablierte sich eine Szene um hippe Cafés, Kaffeebars und Kaffee to go, die seitdem das Erscheinungsbild vieler Großstädte prägt.
Eng damit verbunden ist das Aufkommen des Specialty Coffees. Eine festgeschriebene Definition gibt es zwar für den Begriff nicht, doch allgemein werden darunter Kaffees verstanden, die über die gesamte Produktionskette höchsten Standards unterliegen. Das könne nur dann gewährleistet werden, schreibt die in den USA ansässige Specialty Coffee Association, wenn alle, die in die Wertschöpfungskette involviert sind, sich auf höchste Standards verständigen und diese einhalten. Doch wie können Röstereien in Europa, Deutschland und Frankfurt gewährleisten, dass dies auch der Fall ist?
HOPPENWORTH & PLOCH
„Wir kaufen unsere Kaffeebohnen über Importeure ein und fragen immer sehr viele Transparenzdaten ab. 2021 haben wir einen Transparenzbericht veröffentlicht“, sagt Joris Kohnen. Gemeinsam mit Matthias Hoppenworth und Julian Ploch ist er Geschäftsführer bei der Frankfurter Kaffeerösterei Hoppenworth & Ploch. „Unser Ziel ist es, die Lebensmittelindustrie auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu beeinflussen“, heißt es am Anfang des Berichts. Im Februar dieses Jahres ist ihr zweiter Bericht erschienen. In diesem halten sie fest, dass zwischen 2022 und 2023 der Anteil von transparent gehandeltem Kaffee von 62,9 Prozent auf fast 70 Prozent gestiegen ist. Dennoch will das Unternehmen auch in Zukunft den Anteil noch weiter erhöhen und die Transparenzkommunikation noch direkter gestalten.
Gestartet sind Hoppenworth & Ploch 2008 als Café́ auf dem Uni-Campus im Westend, wo sie heute übrigens immer noch zu finden sind. „Am Anfang haben wir gar nicht selbst geröstet, sondern verschiedene Kaffees probiert“, erklärt Kohnen. Da sei zwar manchmal ein Produkt dabei gewesen, dass ihnen gut gefallen habe, aber so richtig verlässlich sei das nie gewesen. 2011 fingen Hoppenworth und Ploch dann an, auf den Maschinen einer anderen Rösterei zu rösten, bevor sie 2014 im Nordend mit ihrem eigenen Trommelröster starteten.
„Je mehr man sich mit Kaffee beschäftigt, merkt man, dass er mehr ist als etwas Dunkles und Bitteres, sondern dass er fruchtige Aromen haben kann und sehr vielfältig ist“, betont Kohnen. Richtig interessant werde es, so der Geschäftsführer, wenn man die jeweilige Bohne knackt und weiß, was alles möglich ist. Das erfordere zuallererst einiges an Planung. „Einmal im Monat kriegen wir einen neuen Kaffee rein, dafür gehen aber auch wieder einige Sorten“, sagt Kohnen. Dabei verfolgt Hopplo – wie die Röster in der Stadt genannt werden – einen saisonalen Ansatz und ergänzt diesen mit einem durchgängig erhältlichen Sortiment. Am Anfang jedes Röstprozesses steht die Entscheidung, wie viel von der jeweiligen Kaffeesorte produziert werden soll. Entweder werden 15 oder 30 Kilo auf einmal geröstet, und danach richtet sich das jeweilige Röstprofil. Im zweiten Schritt wird der Trommelröster beladen. „Das kann man sich wie eine Trommel in der Waschmaschine vorstellen, die dreht sich und darunter ist Hitze“, sagt er. Dabei richte sich die jeweilige Temperatur nicht nur nach den Bohnen selbst, sondern auch nach den äußeren Bedingungen, etwa der Außentemperatur und der Feuchtigkeit. „Bei einem Filterkaffee dauert der Röstprozess dann ungefähr elf Minuten, bei einem dunkleren Espresso auch mal 17 oder 18 Minuten“, erklärt Kohnen. Dann ist der Röstprozess beendet, und die Bohnen wer- den runtergekühlt.
Mit der Zeit entwickelt man so ein gutes Verständnis für den Umgang mit Rohkaffee und wie dieser sich beim Rösten verhält. Denn das ist bei jeder Sorte ein bisschen anders, betont Kohnen: „Es gibt äthiopische Kaffees, die sehr hoch wachsen, da hat sich die Kaffeepflanze den Gegebenheiten angepasst und macht kleine Bohnen, die sehr dicht wachsen. Andere Kaffees haben sehr große Bohnen und verhalten sich vom Rösten her ganz anders.“ Dennoch hat der Röster im Prozess die Möglichkeit, bestimmte Effekte zu erzielen, Aromen her- vorzubringen, je nachdem, wie Hitze und Röstzeit eingesetzt werden. Doch dabei gilt: „Man kann keinen schlechten Kaffee gut machen, man kann nur einen guten Kaffee gut erhalten.“ So liegt der Fokus voll und ganz auf der Qualität des Rohkaffees.
Eine Institution in Frankfurt: Wacker's
WACKER’S
Qualität der Bohnen ist auch das Stichwort für die älteste in Frankfurt gegründete Kaffeerösterei: Wacker’s. „Unsere Kaffeebohnen werden hochwertig eingekauft und bestehen aus reinem Hochlandkaffee, der nur von Hand geerntet wird“, sagt Sascha Sajnovic von Wacker’s. Denn nur dann kann sichergestellt werden, dass diese auch die gewünschte dunkelorange-rote Farbe haben. Ihren Ursprung haben die Bohnen in verschiedenen Ländern wie Bolivien, Kolumbien, Costa Rica oder Thailand.
Klassischerweise kommen Bohnen aus verschiedenen Herkunftsländern in den Kaffeemischungen zusammen und bilden so interessante Geschmacksprofile. Doch auch sogenannte „Single Origin Kaffees“, deren Bohnen aus demselben Anbaugebiet und aus einer Ernte stammen, werden immer beliebter. „Unsere Kunden beschäftigen sich mit dem Produkt Kaffee mehr als früher“, betont Sajnovic. Das bedeutet auch, dass sie offener für besondere Geschmacksnuancen sind. „Das Feld ist so in den vergangenen zehn Jahren immer dynamischer geworden“, ergänzt er. Gleichzeitig steht Wacker’s auch für Kaffeetradition in Frankfurt, von den Anfängen während des Krieges und danach, als Kaffee ein Luxusprodukt war und nur am Sonntag auf den Tisch kam, bis heute, wo Siebträgermaschinen einen regelrechten Hype erleben.
„Wir versorgen Frankfurt kontinuierlich mit Kaffee, ganz nach dem Motto: guter Kaffee zu vernünftigen Preisen“, sagt Sajnovic. Diese Beständigkeit beginnt beim Einkauf der Kaffeebohnen, bei dem das Unternehmen auf langfristige Beziehungen setzt, und geht weiter beim Röstprozess. Hier setzen die Röstmeister auf Maschinen aus den 1960er-Jahren, die noch überwiegend mechanisch funktionieren, so Sajnovic. Beim Endergebnis zählen dann auch Geruch, Optik und Haptik der Bohnen.
Einblick in die Brühmarkt-Rösterei in Rödelheim
BRÜHMARKT
Während die Bohnen von Hoppenworth & Ploch und Wacker’s vor allem in ihren eigenen Cafés, online und in ausgewählten anderen Betrieben verkauft werden, geht die ebenfalls in Frankfurt ansässige Kaffeerösterei Brühmarkt einen anderen Weg. „Wir versorgen schon mehrere Läden hier in Frankfurt mit unseren Bohnen. Außerdem sind wir bei Rewe, Kaufland und den Hit-Märkten gelistet“, sagt Yulia Yanyuk, Geschäftsführerin bei Brühmarkt.
Ähnlich wie Hopplo startete die Geschichte von Brühmarkt 2011 ebenfalls als Café́. Damals als „Kaffeewerk Espressionist“ auf der Europa-Allee. Nach weiteren Standorten, unter anderem im PWC-Tower an der Messe, war das Konzept bereit für den nächsten Schritt. „Dann haben wir darüber nachgedacht, den Kaffee selbst zu rösten, weil wir in dem Thema schon ziemlich weit gegangen sind und viel probiert haben“, erklärt Yanyuk. Nach vielen Schulungen, Tests und Probeläufen eröffnete in Bockenheim das Café́ „Brühmarkt“, unter dessen Namen auch seitdem die Bohnen verkauft werden.
Auch Yanyuk betont die Bedeutung der Qualität der Bohnen für das Endprodukt. „Die Idee dahinter ist immer, transparent zu bleiben, die ganze Kette zu verfolgen, von der Kooperative bis zum Endkunden“, betont sie. Dafür sei es auch wichtig, die Produzenten in den jeweiligen Anbaugebieten, unter anderem Kolumbien, Ecuador, Honduras und Peru, durch faire Preise zu unterstützen. „Wir bezahlen im Voraus, und ungefähr ein Jahr später bekommen wir die Ernte. Dadurch sichern wir die Qualität der Bohnen. Die Kooperativen, die Farmen, bekommen dadurch sichere Löhne und können weiter sicher arbeiten.“ Mit manchen Betrieben vor Ort arbeite Brühmarkt sogar direkt zusammen. Durch den Vertrieb in großen Supermärkten hat sich bei Brühmarkt und ihrer Philosophie nichts geändert, im Gegenteil, versichert Yanyuk: „Der Anteil der Leute, die jetzt Zugang zu gutem Kaffee haben, ist einfach größer geworden, und wir freuen uns, dass sie diese Qualität zu schätzen wissen.“