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Foto: © liv
Foto: © liv

Der Restauranttest der Woche

Club Michel

Im Bahnhofsviertel feiert man die Rückkehr des Club Michel. Mit feinem Essen in gewohnt lockerer Atmosphäre, präsentiert sich die Location in der Münchener Straße als wäre sie nie weg gewesen, ein paar kleine Änderungen gibt es aber doch.
„Under Construction“ war der Club Michel im Bahnhofsviertel mehr als die letzten zwei Jahre und beim Betreten des Eingangsbereichs scheint die zukünftige Bar im Erdgeschoss das noch immer zu sein. Das beeinträchtigt das Wiedersehen jedoch nicht im Geringsten, da sich hinter der schweren Tür im ersten Stock in der Münchener Straße der verloren geglaubten Sohn gewohnt gediegen präsentiert. Nicht wie früher, mit Fremden an einer langen Tafel, nehmen wir heute ganz unter uns einen sehr trockenen und appetitanregenden Cava zur Begrüßung zu uns und freuen uns, dass von der familiären und ausgelassenen Atmosphäre über die letzten zwei Jahre nichts verloren gegangen ist. Casual präsentiert sich der Club Michel, Fine-Dining liest sich auf der Karte, die von Vorspeisen über Zwischen- und Hauptgänge bis hin zu Desserts eine kleine, aber feine Auswahl an Köstlichkeiten bietet, die schon beim Lesen Freude bereitet.

So starten wir prompt mit Yakitori-Spießen, einmal mit Rosenkohl und der zweite Spieß mit ausgelösten Muscheln und Staudensellerie – kunstvoll präsentiert auf einem Bett aus Miesmuschelschalen. Letztere Kombination ließ Röstaromen und die Aromatik der Sojaglasur besser zu und überzeugte auch durch das Spiel zweier Konsistenzen. Nach solidem, angenehm grob geschnittenen Rindertarar macht besonders ein Zwischengang mit fehlerfreier Ausführung und unverhoffter erfrischender Aromatik richtig Freude: Die am Tisch angegossene Topinambur-Cremesuppe mit Schmand, Schnittlauch, Salzzitrone und frittierten Pastinakenchips als Einlage ist angenehm samtig und kommt mit feiner Säure nicht schwer, geschweige denn altmodisch daher. Auch der Shiitakeraviolo gepaart mit Rotkohl, einmal pur und einmal in Form eines fliederfarbenen Beurre-Blanc-Schaums, passt bestens zur Jahreszeit, wobei die vermeintlich unscheinbare Suppe der gefüllten Nudel den Rang abläuft. Eine europäische Weinkarte mit einzelnen internationalen Positionen lässt keine Wünsche übrig, während die Auswahl an alkoholfreien Getränken noch ausbaufähig ist.

Die cremigen Cocobohnen im Hauptgang, die auf den Punkt gewürzt über eine Chorizoeinlage eine kraftvolle Aromatik beweisen, haben mit dem Winterkabeljau Skrei einen sanften Gegenpart, der jedoch geschmacklich nicht untergeht. Während dieser schön glasig gegart ist, ist die längs aufgeschnittene Entenbrust des zweiten Hauptgangs etwas drüber, was der Zartheit jedoch kaum Abbruch tut. Die begleitenden Pürees von der Miso-Steckrübe und des Knollensellerie zeugen, wie auch die Geflügeljus, wieder von präziser Ausführung. Der ehemalige Arbeitsplatz des Küchenchefs, das Emma Metzer, scheint im positiven Sinne Spuren hinterlassen zu haben. Mit einem Parfait vom fettreichen Kaymak, einer Schichtsahne unter anderem aus Osteuropa, gepaart mit süßen Schattenmorellen und Baiser, genießen wir die ausgelassene Stimmung bei guter Musik im Gastraum. Wir fühlen uns vom charmanten und aufmerksamen Service bestens umsorgt und beseelt schweift unser Blick durch die große Fensterfront über das geschäftige Treiben im Bahnhofsviertel. Rundum freuen wir uns über die Heimkehr des verloren geglaubten Sohns.

Info
Club Michel, Bahnhofsviertel, Münchener Straße 12, Mi/Do 18-00:30 Uhr, Fr/Sa 18-01 Uhr
 
Fotogalerie:
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10. Februar 2025, 09.50 Uhr
Friedrich Reichert
 
Friedrich Reichert
 
 
 
 
 
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