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Foto: © Fenja Cambeis
Foto: © Fenja Cambeis

Gänse essen in Frankfurt

Brust oder Keule?

Zum Start der Gänsesaison bringen Frankfurter Gastronomen Produkte aus der Region auf den Teller, beste Beispiele sind der Bornheimer Ratskeller und Emma Metzler.
Das Jahr neigt sich – wenn auch so langsam – dem Ende zu. Doch bevor sich im Dezember die Balken vor Köstlichkeiten bei diversen Weihnachtsessen nur so biegen, gibt es schon im November ein ebenso traditionelles kulinarisches Zusammenkommen: Das Gänseessen. Begleitet von Kartoffelklößen, Rotkraut und einer dunklen Bratensauce ist der im besten Fall zarte und gleichzeitig knusprige Gänsebraten eine ziemliche Hausnummer und selbst für passionierte Köchinnen und Köche Zuhause mit großem Aufwand verbunden. Da stellt man sich die Frage: Lohnt sich der Aufwand in der manchmal stressigen Vorweihnachtszeit zu Hause? Oder geht man lieber in Frankfurt Gans essen mit der Familie und Freunden? Und wenn ja, wo kommt die eigentlich her?

Nicht ohne Grund stellt sich letztere Frage, denn den größten Teil des in Deutschland angebotenen Gänsefleischs macht Importware aus. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) kamen im Jahr 2022 davon 97,6 Prozent aus Polen und Ungarn und das nicht ohne Grund. Im benachbarten europäischen Ausland sind beispielsweise das Stopfen und Lebendraufen von Gänsen nicht verboten. So werden Gänse oft in Intensivmastbetrieben gehalten und durch die Stopfleber- und Daunenproduktion wird die Tierkarkasse oft nur noch zum Nebenprodukt. Mit günstig gehandelten Gänsen aus dem Ausland kann man bei tiergerechter Haltung im deutschen Inland preislich nicht mithalten. Gerade deswegen ist ein bewusster Genuss wichtig.

Freilandgans statt Intensivmast

Viele Frankfurter Restaurants bieten traditionelle Gänsemenüs mit Füllsel, Beilagen und Sauce auch zum Abholen für zu Hause an. Mario Furlanello, Koch und Inhaber des Bornheimer Ratskellers serviert mit seinem Team eine Freilandgans aus dem süd-hessischen Rockenberg. Klassisch begleitet mit Kartoffelklößen, Rotkohl aus biologischer Landwirtschaft und hausgemachter Gänsejus gibt es die Gans als Hauptgang oder im Menü mit Vorspeise und Dessert. Doch nur ab vier Personen und mit Vorbestellung ist die Gans erhältlich. Das hat einen guten Grund. Die Gänse werden an der frischen Luft über den Lauf von sieben Monaten groß gezogen und ausschließlich mit selbst angebautem Futter ernährt. Der Bornheimer Ratskeller erhält diese dann bei Schlachtreife auf Zuruf und verarbeitet nur ganze Gänse.

Einen etwas anderen Ansatz verfolgt das Emma Metzler. Unter Chefkoch und Inhaber Anton de Bruyn bietet das Casual-Fine-Dining-Restaurant im vierten Jahr in Folge ein Vier-Gänge-Menü mit Freilandgänsen. Bekannt für seinen konsequent regionalen Küchenstil steht De Bruyn im engen Kontakt mit seinen Lieferanten, so auch mit dem Freilandgeflügelhof Bauer Mann bei Dieburg. Dieser schlug dem Koch vor, mit seinem besten Produkt – den Gänsen – etwas zu zaubern, erzählt De Bruyn. So serviert der Küchenchef mit seinem Team ein Gänsemenü im Nose-to-Tail-Style. Zu deutsch: vom Kopf bis Schwanz, was das nachhaltige Verwerten des ganzen Tieres beschreibt. So werden beispielsweise die Federn der Mannschen Gänse zu Kissen verarbeitet. Auch deswegen gibt es keine Teilstücke oder eine To-Go-Variante. „Das traditionelle Gänseessen ist theoretisch ein klassisches Event, dem wollen wir mit unserem Ansatz einen neuen Anstrich verpassen“, erläutert De Bruyn im Gespräch.

Nach einem chinesischen-inspirierten Menü im Jahr 2022 und einem von südamerikanischen Gewürzen geprägten Gänsemenü im vergangenen Jahr, soll es dieses Mal süd-koreanisch werden. So soll es im ersten Gang beispielsweise Gänseleber und –rillette als Ssam, also einem koreanischen Salatwrap geben. Darauf folgt ein Consommé und natürlich der Gänsebraten. Auch die fermentierte koreanische Chili-Gewürzpaste Gochujang soll als Glasur zum Einsatz kommen. Abgeschlossen wird das Menü noch mit einem Überraschungsnachtisch des Chefkochs.

Mythos oder Wahrheit?

Die Tradition der Martinsgans geht auf Legenden aus dem Leben Martin von Tours‘ zurück, besser bekannt als Sankt Martin. Neben Legenden wie der Mantelteilung des Wohltäters ranken sich viele Sagen um das Leben des Heiligen, auch wie die Martinsgans zu ihrem Namen kam. Nach seinem Dienst im römischen Heer wendete sich Martin dem christlichen Glauben zu und wurde als asketisch lebender Mönch beliebt bei der Bevölkerung. Nach dem Ableben des Bischofs verlangte das Volk nach Martin als neuem Bischof von Tours. Fromm und bescheiden versteckte sich dieser aber im Stall, um der Ernennung zu entgehen. Dabei verrieten ihn jedoch die schnatternden Gänse, worauf hin er doch Bischof wurde.

Der für Historiker heute plausiblere Ursprung des Brauches ist aber auf bäuerliche Abgaben zurückzuführen. Am 11. November, dem Gedenktag des heiligen Martin, ging das bäuerliche Wirtschaftsjahr zu Ende und am Stichtag mussten Löhne, Zinsen und Steuern gezahlt werden. Dies oft auch in Naturalien, unter anderem in Gänsen. Zum Festtag vor dem Beginn der strengen vorweihnachtlichen Fastenzeit bot es sich an, eine Gans zu schlachten, auch um sie nicht über den Winter füttern zu müssen.

Wo auch immer ihr Name seinen Ursprung hat, heute kommt die Martinsgans in vielen Frankfurter Gaststätten und Restaurants auf den Tisch. In der FRANKFURT GEHT AUS! App haben wir unsere Favoriten übersichtlich als Top-Liste gesammelt mit allen Infos und Links zum Reservieren. Sie haben die App noch nicht? Kein Problem. Für 0,99€ pro Monat ist sie in den App-Stores verfügbar.
 
Fotogalerie:
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30. Oktober 2024, 12.20 Uhr
Julius Opatz
 
Julius Opatz
Jahrgang 2002, seit 2024 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Julius Opatz >>
 
 
 
 
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