Winzerportrait
Winzerportrait

Kunst im Glas

Vom schwarzen Schaf zum Klassenbesten: Das Weinbaugebiet Rheinhessen macht gerade eine spektakuläre Entwicklung durch. Ganz vorn dabei sind kleine, ungemein dynamische Weingüter wie Wolf-Deiss im Weinort Uelvesheim!

Es ist noch gar nicht so lange her, da waren die sanften Hügel Rheinhessens mit ihrem abwechslungsreichen Bodenprofil beinahe ausschließlich Lieferanten gesichtsloser Massenweine, die illustrer Weise im Ausland auch noch für typisch Deutsch galten. Ob Liebfrauenmilch oder „Blue Nun“: So hatte Weißwein aus Germany zu schmecken – süß, gesichtslos, nach heutigen Maßstäben schlicht bis minderwertig. Mit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts änderte sich in Deutschland allmählich der Weingeschmack. Trocken war nun die Devise, was einige Winzer allzu wörtlich nahmen – die Bezeichnung „Gurkenwasser“ für bestimmte Tropfen war durchaus zutreffend, jedoch vom Publikum gewollt und somit blieb man als Winzer wiederum erfolgreich, während weiterhin an den internationalen (süßen) Bestsellern festgehalten wurde. Doch auch diese Mode ging vorbei und nun begann ein Trend, der zeitgleich mit einem Generationenwechsel im größten Weinbaugebiet der Bundesrepublik einsetzte und mit Sicherheit weitaus länger tragen wird, als sämtliche zuvor: Die Winzer Rheinhessens begannen, sich intensiv mit ihrer Kultur, ihrem Terroir und vor allem neuen Weinbautechniken auseinanderzusetzen, die oft von jungen Weinmachern nach Praktika oder kurzen Engagements in Übersee mit in die Heimat gebracht wurden. Die Weinbauschule im nahen Geisenheim entließ einen Jahrgang nach dem anderen mit aktuellem Wissen und neuesten Erkenntnissen, die sich wie ein Lauffeuer in der dynamischen Region verbreiteten.



Generation Wein



Christopher Deiss gehört zu dieser jungen Generation von Winzern, die angetreten sind, den angeschlagenen Ruf Rheinhessens wieder herzustellen. Er sammelte zahlreiche Erfahrungen auf unterschiedlichen renommierten Weingütern, bevor er im Jahr 2006 das Weingut im verträumten Uelversheim übernahm  –allerdings nicht von seinen Eltern: Die Großeltern Friedel und Emmi Wolf unterstützen auch heute noch ihren Enkel tatkräftig bei der Arbeit, während Mutter Claudia Deiß für die Veranstaltungsplanung zuständig ist. Das Ziel war klar: Die Weinqualität erhöhen, doch was einfach klingt, ist zunächst ein entbehrungsreicher Weg. Erster Schritt ist nämlich konsequente Beschränkung des Ertrags im Weinberg nach der einfachen Rechnung, dass ein Rebstock nur eine festgelegte Menge Energie an seine Trauben weitergeben kann. Je mehr davon am Stock hängen, umso weniger Substanz kommt in jede einzelne Beere – und damit in den Wein. So wird bei Christopher Deiss also weniger Masse mit deutlich größerem Aufwand erzeugt. Im Weinberg behutsam gepflegt, werden die Trauben nach der Ernte zügig mittels modernster Kellertechnik in bestechend fruchtige, frische und zugleich hintergründige und nachhaltige Weine verwandelt, die in der Region mittlerweile ihresgleichen suchen.



Der Rheinhessische Weg



Es ist diese Ausgeglichenheit, die heute sinnbildlich sowohl für die Weine von Christopher Deiss als auch für die der gesamten Region Rheinhessen steht: Intensive Fruchtigkeit, gepaart mit tiefer Mineralität und ausgeprägtem Charakter ergibt Weine voller harmonischer Eleganz. Wer dabei noch mit ausgezeichnetem Terroir punkten kann, ist klar im Vorteil. Das Weingut Wolf-Deiss verfügt etwa über beste Flächen an der sogenannten „Rheinfront“ in den Lagen Guntersblumer Steinberg, Oppenheimer Goldberg und Schloss, in denen neben traditionellen Rebsorten Riesling oder Weißburgunder auch Neuzugänge wie Sauvignon blanc, Chardonnay oder Regent stehen. Hier, wo der Rhein die Sonne reflektiert, ist das Klima besonders mild und die Böden – von Nord nach Süd von Bundsandstein bis zu Löss, Lehm und Tonmergel – ermöglichen eine breite Palette unterschiedlicher Weintypen. Christoph Deiss kann da aus dem Vollen schöpfen und keltert Weine von faszinierender Klarheit. Jede Rebsorte behält ihr typisches Geschmacksprofil, repräsentiert dabei aber auch mustergültig ihre Herkunft und bringt jede Menge Spaß im Glas. Deiss mag keine „überdrehten“ Weine, beschreibt seinen zitronenduftigen Riesling vielmehr als „Appell an die Lebensfreude“ und verspricht auch mit dem Weißburgunder „Entspannung pur“. Was sich im Verlauf einer ausführlichen Weinprobe in der Genussakademie Medienhaus bestätigt: Selten bekommt man derart klare, unverfälschte und unkomplizierte Weine ins Glas, die man sowohl für kommunikative Situationen aller Art als auch zur lang anhaltenden „Weinmeditation“ auf der Terrasse genießen kann.



Das Weingut rockt!



Wer sich den Spaß macht, Christoph Deiss oder das Weingut Wolf-Deiss im Internet zu suchen, stößt natürlich auf die Website – doch die einzelnen Weine sind kaum auffindbar. Das hat einen einfachen Grund: Christoph Deiss ist mit eigener Vinothek und interessantem Veranstaltungsangebot bestens auf Besucher eingestellt und vermarktet den Großteil seiner Weine direkt. Der charmante Weinort Uelversheim ist mit seiner Nähe zum Rhein-Main-Gebiet nämlich wie geschaffen für kleine Fluchten aus dem Alltag und so kann man im Weingut Wolf-Deiss nicht nur zu einer ganz normalen Weinprobe einkehren, sondern diese auch gleich mit zwei Übernachtungen und interessanter Weinbergstour verbinden (Infos auf www.weingut-wolf-deiss.de). Außerdem kann man von April bis Oktober jeden ersten Freitag im Monat zum „Weindowner“ einkehren, um mit Deiss-Weinen ins Wochenende zu starten und ab und an rockt eine Band das Haus, macht die Straußenwirtschaft zur Partylocation. Da bleibt kein Kofferraum leer, nur in der Mainmetropole waren die einzigartigen Weine von Christoph Deiss bisher noch nicht zu finden, was mit dem Erscheinen dieses Genussmagazins jedoch ein Ende hat: In den nächsten Wochen und Monaten stehen die in der Genussakademie auf der Weinkarte – und im Genuss-Shop auf der Fressgass!

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